
Ulli Lust
Ulli Lust, 1967 in Wien geboren, ist Comiczeichnerin und -autorin. Sie studierte Grafikdesign an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
Lust profilierte sich als Schöpferin von „dokumentarischen Comics“. Sie begann, Reportagen zu zeichnen, wie Fashionvictims, Trendverächter (2008), basierend auf journalistischen Recherchen. Berlin-Helmholtzplatz 1998 + 2004 (2004) ist eine Langzeitstudie eines Platzes in Prenzlauer Berg, Berlin, dessen Veränderungen sie nach ihrem Umzug dorthin 1997 miterlebte. Lust schuf außerdem Comics, die Erotik und Mythologie verbinden, wie Airpussy (2005), das die Geschichte eines prähistorischen Fruchtbarkeitsritus in der Reihe Springpoems erzählt.
Ulli Lust arbeitete fünf Jahre an ihrem autobiografischen Comic-Epos Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens (2009). In ihrer Jugend versuchte sie, sich in die Punk-Szene in Wien zu integrieren, und in diesem Buch erzählt sie die Geschichte von zwei minderjährigen Wiener Punk-Mädchen, die ohne Geld nach Italien durchbrennen. Das Buch wurde Lusts beruflicher Durchbruch und brachte ihr zahlreiche Auszeichnungen ein: den ICOM-Preis 2010 für die beste deutsche Comicpublikation, den Max und Moritz-Publikumspreis beim Erlanger Comic-Salon 2010, den Artémisia-Preis 2011 und den Prix Révélation beim Festival International de la Bande Dessinée d’Angoulême 2011. Es wurde in viele europäische Sprachen übersetzt und war auch in der US-Ausgabe ein großer Erfolg.
Mit Wie ich versuchte, ein guter Mensch zu sein (2017) setzt Lust ihren autobiografischen Ansatz fort und erzählt eine sinnliche und kraftvolle Geschichte aus ihrer Zeit als junge Künstlerin im Wien der 1990er Jahre. Die Protagonistin führt eine offene Beziehung mit zwei Männern, die von einander wissen. Einer von ihnen ist Georg, ein zwanzig Jahre älterer Schauspieler, und der andere ist Kimata, ein nigerianischer Lebemann, den sie heiratet, um ihm die Aufenthaltsgenehmigung zu sichern. Was als friedliche Utopie beginnt, entwickelt sich schließlich zu einem Drama von Besitzansprüchen und Gewalt und endet mit einer Selbstbefreiung.
Ulli Lust zeichnet monatlich einen Comicstrip für das englischsprachige Magazin ExBerliner. Sie ist Professorin für Illustration und Comic an der Hochschule Hannover und betreibt seit 2005 den Online-Comic-Verlag electrocomics.de.
Ihr neuestes Buch, Die Frau als Mensch, wurde 2025 veröffentlicht. Es behandelt die Anfänge der Kunst und die Bedeutung von Empathie für das Überleben unserer Spezies. Rund um die archaischen Frauenfiguren entfaltet sich eine vergessene Welt, in der die Reise des Helden eine kollektive Erfahrung war, die nur gemeinsam von Frauen, Männern, Kindern oder auch nicht-binären Individuen in oft reich geschmückten Rollen vollendet werden konnte.
Lust lebt in Berlin.