Boualem Sansal © Roger von Heereman

Weltweite Lesungen

Zum 20. März 2006 wurden von der Peter-Weiss-Stiftung für Kunst und Politik e. V. anlässlich des dritten Jahrestages des Kriegsbeginns im Irak der „Jahrestag der Politischen Lüge“ und die „Weltweiten Lesungen“ (Worldwide Reading) initiiert. Dafür wurden weltweit Kulturinstitutionen und interessierte Personen in verschiedenen Städten zur Organisation von Lesungen aufgerufen. Seitdem finden die „Weltweiten Lesungen“ ein- bis zweimal jährlich statt und widmen sich international relevanten politischen Themen wie der Charta 2008 oder politisch engagierten Persönlichkeiten wie Edward Snowden, Anna Politkovskaya und Mahmoud Darwisch. Die Veranstaltungen und Aktionen sollen dazu beitragen, ein waches Bewusstsein für Inhalte und Formen politischer Kommunikation zu entwickeln. Details zu vergangenen „Weltweiten Lesungen“ finden Sie auf der Website des ilb.

Seit 2025 organisiert Bebelplatz e.V. diese Lesungen und weltweite Screenings. Die letzte weltweite Lesung war Bousalem Sansal gewidmet, der seit 16. Novermber 2024 in einem algerischen Gefängnis sitzt. Der Aufruf für die weltweite Lesung am 6. April 2025 lautete:

Aufruf des internationalen Literaturfestivals odesa zu einer weltweiten Lesung von Texten des inhaftierten algerischen Schriftstellers Boualem Sansal am 6. April 2025

Der algerische Schriftsteller Boualem Sansal wurde am 16. November 2024 bei seiner Rückkehr aus Frankreich am Flughafen von Algier verhaftet. Seitdem gibt es weder eine offizielle Begründung für die Verhaftung noch eine Anklage gegen ihn. Die staatlich kontrollierten algerischen Medien haben sich von seiner Haltung zu den politischen und religiösen Entwicklungen in Algerien sowie von seinen Äußerungen zu geopolitischen Fragen wie der Westgrenze des Landes zu Marokko und dem Westsahara-Konflikt distanziert. Dem 75-jährigen Autor, der unter anderem 2011 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 2015 mit dem Grand Prix du Roman de l’Académie Française und 2021 mit dem Prix Méditerranée für seinen Roman „Abraham ou La cinquième Alliance“ ausgezeichnet wurde, droht eine mehrjährige Haftstrafe. Sein neuester Roman, „Vivre: Le compte à rebours“ (2024; Ü: Leben: Der Countdown) erzählt Facetten der algerischen Geschichte vor dem Hintergrund einer globalen Dystopie. Sansal debütierte mit „Le serment des barbares“ (1999; Ü: Der Schwur der Barbaren), der von der lokalen Presse für seinen spielerischen Umgang mit der französischen Sprache gefeiert wurde.

Trotz seiner Entlassung aus dem öffentlichen Dienst im Jahr 2003 und der darauf folgenden ständigen Beobachtung lebte der Autor mit seiner Familie in Boumerdès in der Nähe von Algier. Er publizierte ohne den Schutz eines Pseudonyms und mischte sich immer wieder in aktuelle politische Debatten ein. Er lebte weiterhin in Algerien, obwohl seine Bücher dort zeitweise verboten waren, obwohl er immer wieder die algerische Regierung kritisierte und vor den Gefahren des Islamismus warnte, und obwohl viele seiner Kollegen längst nach Europa emigriert waren.

Um die internationale Solidarität mit dem Autor und die Forderung nach seiner sofortigen Freilassung zu unterstreichen, rufen das internationale Literaturfestival odessa und die untenstehenden Unterzeichner zu einer weltweiten Lesung seiner Texte auf. Ziel ist es, dass Boualem Salsals Texte im öffentlichen Raum, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Parks, aber auch in Schulen, Universitäten und Theatern gelesen werden. Die Teilnehmer an der weltweiten Lesung können die zu lesenden Texte frei wählen.

Einzelpersonen und Institutionen, die sich an einer Lesung am 6. April 2025 beteiligen möchten, werden gebeten, uns bis spätestens 30. März folgende Informationen zukommen zu lassen: Name des Veranstalters, Ort, Zeit, teilnehmende Leser, Sprache der Veranstaltung und ggf. einen Link zur Website – an diese Adresse: ulrich.schreiber@bebelplatz.org

Mehr Informationen zu den weltweiten Lesungen finden Sie hier.

Der Aufruf wird unterstützt von

Anthony Appiah, USA
Sigrid Bousset, Belgien
Brian Castro, Australien
Jennifer Clement, USA/Mexiko
John M. Coetzee, Südafrika/Australien
Hemant Divate, Indien
Andrei Kurkov, Ukraine
Anthony Appiah, USA
Carmen Boullosa, Mexiko
Stefan Hertmans, Belgien 
Judith Hermann, Deutschland
Burghart Klaußner, Deutschland
Jakub Maleki, Polen
Marko Martin, Deutschland
Paavo Matsin, Estland
Francesca Melandri, Italien
Kallia Papadaki, Griechenland
Nii Ayikwei Parkes, Ghana
David Van Reybrouck, Belgien
Janna Teller, Dänemark
Jeroen Theunissen, Belgien
Stephan Thome, Deutschland
Ian Wedde, Neuseeland
Anna Weidenholzer, Österreich
Eliot Weinberger, USA
Yang Lian, China/ UK
Haris Vlavianos, Griechenland